Der InnRaum³ versteht sich als Plattform für für Innovation, die gezielt kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) in der Region unterstützt. Durch praxisnahe Workshops, den direkten Austausch mit Experten und der Bereitstellung moderner Fertigungstechnologien werden Unternehmen befähigt, ihre Arbeitsprozesse effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Verknüpfung traditioneller Handwerkskunst mit moderner Technologie zeigt sich in der Zusammenarbeit mit dem Kunst- und Glockengießermeister Bernhard Fink, Karpfham.

Der Glockenguss – Ein traditionsreiches Handwerk

Der Glockenguss zählt zu den ältesten Handwerkstraditionen der Menschheit und hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert. Damals wie heute wird zunächst ein Wachsmodell der Glocke in Originalgröße erstellt, welches mit Inschriften und Ornamenten verziert wird, die “Glockenzier”. Anschließend wird diese Positiv -  Form mit Keramik ummantelt, bevor das  Wachs ausgeschmolzen und flüssige Bronze eingegossen wird.  

Herausforderung: Aufwendige Modellierung von Wachsmustern  

Trotz der beeindruckenden Beständigkeit dieses Handwerks stellt insbesondere die Verzierung von Glocken eine große Herausforderung dar. Feine Ornamente, Sinnsprüche oder Reliefdarstellungen müssen mühsam von Hand in das Wachsmodell eingearbeitet werden. Dieser Prozess ist nicht nur zeitintensiv, sondern erfordert auch außergewöhnliche Präzision, Geschick und Erfahrung. Vor diesem Hintergrund wurde nach einer modernen Lösung gesucht, um die Modellierung der Glockenzier effizienter und präziser zu gestalten die Korrekturmöglichkeiten zu verbessern. Die künstlerische und gestalterische Arbeit an der Glockenzier wird durch die “ High – Tech” Fertigung der Gußformen in keiner Weise beeinträchtigt. Ausgangspunkt ist weiterhin der von Hand gezeichnete künstlerische Entwurf. Die mit dem Laser gefertigte Gußform gibt exakt das wieder, was der Gestalter vorgibt. Ein großer Fortschritt ist die Umsetzung der Entwurfzeichnung über die Laser gefertigte Silikon – Form in die Wachs – Ornamente und Schriften, die auch nach der Übertragung auf das Glockenmodell leicht nachgearbeitet werden können.   

Lösung: Kombination von CO₂-Lasertechnologie und traditionellem Gussverfahren

Die Idee zur Innovation entstand im Rahmen des Workshops der „Mein Start Mit – 3D Druck kreativ“-Reihe im InnRaum³. Teilnehmer Dr. Jürgen Spreen stellte dabei die Frage, ob es möglich sei, Wachsornamente mit einem 3D-Drucker zu erstellen. In den darauffolgenden Diskussionen wurde schnell klar, dass herkömmliche 3D-Druckverfahren für diese Anwendung nicht praktikabel sind. Gemeinsam mit Dr. Jürgen Spreen und Glockengießermeister Bernhard Fink aus Rotthalmünster wurden daher eine alternative Methode erörtert und erprobt. Versuche, Formen für die Wachs – Ornamente mit dem 3D – Drucker herzustellen, scheiterten. Das Wachs ließ sich nicht zerstörungsfrei aus den starren Formen lösen. Besser funktionierte es mit Laser – bearbeiteten Stempeln – Gummiplatten, aber die Oberflächen waren nicht zufriedenstellend. Nach mehreren Versuchen an Geräten im InnRaum³ zeigte sich, dass die Gravur von Silikonplatten mittels CO₂-Laser eine ideale Lösung darstellt. Dabei werden Inschriften, Ornamente und Muster direkt in Silikonplatten eingraviert, die anschließend als Form für den Wachsabdruck dienen. Die Wachsornamente lassen sich sehr leicht und ohne Beschädigungen aus den hochflexiblen Silikon – Formen entnehmen. Sie werden mit Schellack als Bindemittel auf das Wachsmodell der Glocke übertragen und bei Bedarf nachkorrigiert. Anschließend wird - nach dem kassischen Verfahren –  das Wachsmodell  in eine Keramikmasse eingebettet, die als Form für den Bronzeguß dient. Das Wachsausschmelzverfahren bleibt somit erhalten, während die Feinarbeiten deutlich präziser und schneller umgesetzt werden können. Unterstützt wurden Dr. Spreen und Bernhard Fink im Rahmen der offenen Sprechstunde im Innovationsraum InnRaum³ durch Netzwerkmanager Matthias Tindorf.  

Wirtschaftlicher Nutzen und Verfügbarkeit der Technik

Diese Innovation bringt gleich mehrere Vorteile für die Kunst- und Glockengießerbranche:

  • Zeitersparnis: Die mühsame manuelle Modellierung entfällt oder wird auf ein Minimum reduziert.
  • Präzision: Lasertechnologie ermöglicht exakte Gravuren, die mit klassischen Methoden nur schwer 
    erreichbar sind.
  • Erhalt der Handwerkstradition: Das Verfahren modernisiert den Prozess, ohne die kunsthandwerkliche 
    Bedeutung des Glockengusses zu mindern.
  • Wirtschaftlichkeit: Durch die Effizienzsteigerung kann die Produktion kleinerer Glocken wirtschaftlich bleiben.
  • Das verwedete Material ist sehr kostengünstig, die Verwendeten Silikon – Platten können vom Glockengießer ohne großen technischen Aufwand selbst hergestellt werden.

Diese Methode wurde bereits in der Werkstatt von Kunst- und Glockengießer Bernhard Fink erprobt, der die Vorteile bestätigt, und eine erhebliche Arbeitserleichterung festgestellt hat.

Ein Ausblick

Zu erproben ist noch, ob eine reproduzierbare Einstellung des Lasers in Abhängigkeit von der Färbung der Silikonplatten möglich ist. Auch die Fertigungsqualität in Abhängigkeit von der Anzahl der Fräsung bis zum Erreichen der Frästiefe  kann noch erprobt werden.  Der Versuch , die Wachsornamente in der Form auf die Glocke zu übertragen und anschließend die Silikonform abzuziehen kann noch versucht werden. Da der InnRaum³ den offenen 
Wissensaustausch fördert, wird dieses Verfahren allen Kunst- und Glockengießern zur Verfügung gestellt, um das traditionelle Handwerk auch in Zukunft wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.

InnRaum³ als Motor für Innovation im Handwerk

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie der InnRaum³ als Innovationsplattform fungiert. Durch die Kombination von traditionellen Handwerksmethoden mit moderner Technologie entstehen praxisnahe Lösungen, die KMUs dabei helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Erfolg der Zusammenarbeit mit Bernhard Fink zeigt, daß Innovation nicht nur in der Industrie, sondern auch in traditionsreichen Handwerken einen hohen Mehrwert bietet. Durch solche Projekte unterstreicht der InnRaum³ seine Bedeutung als Motor für technologische Entwicklung und wirtschaftliche Stärkung der Region – und beweist, dass selbst jahrhundertealte Techniken durch gezielte Innovation neue Potenziale entfalten können.